Plattdeutsches Jugendtheater in Schleswig-Holstein

Im Gespräch mit Gesa Retzlaff, Vorsitzende des Niederdeutschen Bühnenbundes Schleswig-Holstein e.V. und Leiterin der Theatergruppe „Junge Lüüd ut Löwenstedt“ im Kreis Nordfriesland

Stellen Sie sich doch bitte kurz vor.
Gesa Retzlaff

Ik bün 51 Johr old un leev op en Dörp in Nordfreesland. Deenstlich freu ik mi över dat Leid vun dat Plattdüütsch-Zentrum för den Lannsdeel Sleswig, in’t Ehrenamt sitt ik den Nedderdüütschen Bühnenbund in Sleswig-Holsteen un de Junge Lüüd ut Löwenstedt vör un wenn dat irgend geiht treckt mi dat as Spelerin na de Nedderdüütsche Bühn in Flensborg.

Wie sind Ihre Zugänge zur niederdeutschen Sprache und zum niederdeutschen Theater?

Ik bün mit Platt as mien eerste Spraak tohuus un in ’t Dörp groot worrn un kann ganz kloor för mi seggen, dat Platt mien Hartensspraak un -saak is. So sülvstverständlich as Platt, weer Thetaerspelen bi uns in Löwenstedt ok al jümmers. Vun de Grundschool ut geev dat Öpföhrungen to de Dörpswiehnachtsfiern, de groten Lüüd speelten Stücken to Dörpsfesten. Beides weer also in mien Umfeld eenfach dor. Besunners schätzen lehrt heff ik Spraak un Hobby mit de Tiet, t.B. dör Mitmaken bi „Schölers leest Platt“ un dat Theaterspelen bi de „Junge Lüüd“, bi de ik vun Anfang an mit bi sien kunn.

Sie leiten die Gruppe „Junge Lüüd ut Löwenstedt“ im Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein, die uns von deren Jugendwart Steffen Ketelsen im Interview bereits vorgestellt wurde. Nach welchen Kriterien wählen Sie Stücke aus, die den Interessen der Jugendlichen entsprechen? Übersetzen Sie hochdeutsche Stücke ins Plattdeutsche? Und welche Stücke haben besonders viel Anklang gefunden?
Probenarbeit bei der Gruppe "Junge Lüüd ut Löwenstedt"

En Grundsatz bi de Junge Lüüd is: Wer geern mitspelen much, schall ok mitspelen könen. En anner: Platt nich döreneen to kriegen mit flach. Dorför söök ik na Stücken, bi de all Speelwilligen inbuut warrn könen un de ok wat to vertellen hebben. Ok wat to’n Lachen, aver nich to glupsch un geern mit en beten Plie. Bi dat Söken mank de plattdüütschen Stücken för junge Lüüd heff ik dor eher selten Erfolg, flietig maak ik dorför hoochdüütsche Textvörlagen op Platt torecht. Uns sülven gefallen de Stücken besunners, bi de wi för uns wat Nieges wagen, bi de wi uns fordern un wiederentwickeln. Dat könen anner Genres sien, niege Themen, theaterale Mittel, wat wi vörher noch nich utprobeert harrn. Un unse egen Freud överdriggt sik denn meistiets ok op de Tokiekers.

Die Gruppe „Junge Lüüd ut Löwenstedt“ ist 2015 vom Landtagspräsidenten Klaus Schlie mit der plattdüütschen Emmi ausgezeichnet worden. Was ist das Besondere an der Theatergruppe aus dem kleinen Dorf in Nordfriesland?
Auftritt der Gruppe "Junge Lüüd ut Löwenstedt"

De Pries hebben wi do kregen för unse eerste Stück, dat wi mit junge un ole „Junge Lüüd“ tosamen inszeneert hebben, en dulle Erfohrung för all, en wertschätzende Mitenanner twüschen zorte Kükens un ole Hasen. Denn intwüschen hebben wi „Junge Lüüd“, de dat al över dörtig Johr sünd, un de möög ok ganz geern mal spelen. Vörrang hett dat aver immer de Jüngsten op de Bühne to kriegen.
Besunners…? In Löwenstedt gifft dat quer dör de Generationen en besunneren Geist för Gemeenschaft un en utprägte Sülvstverständnis sik för dat Mitenanner op verschedenste Feller to engageren un düssen Insatz ok gegensiedig antoerkennen. Dat warrt dor grundsätzlich eenfach so leevt un wiedergeven, so as ok Plattdüütsch. Un merrnmang sünd de „Junge Lüüd“ ranwussen. Kloor hören dor ok Lüüd to, de so en Gruppe in de Gang bringen un holen. Dat hett sik immer wedder goot füügt oder as man in Löwenstedt eher seggen worr „torechtlopen“. De Slogan „Dor geiht wat!“ kunn sik düt Dörp utdacht hebben. In düsse engageerte un eerdete Umfeld hebben wi unse Wuddeln un Hoolt un hebben miteens grote Frieheiten in unse Programmgestaltung.

Wie bekommen Sie Nachwuchs für Ihre Theatergruppe?

Egens kann ik seggen: De lopen uns so to, nich blots ut Löwenstedt, ok vun annerswo. Vun veel junge Spelers hebben jemehr Öllern al bi uns mitmaakt, enigen kamen, wiel jemehr Frünnen mitmaken, welken, wiel se uns mal en Steed beleevt hebben un mal snuppern muchen.

Inwieweit beeinflusst Ihre Arbeit mit den Jugendlichen Ihre Arbeit beim Niederdeutschen Bühnenbund Schleswig-Holstein? Wie fördert der Bühnenbund das niederdeutsche Jugend-/Nachwuchstheater?
Auftritt der "Kulturbanausen", der Jugendgruppe der Niederdeutschen Bühne aus Süsel beim Jugendtheatertag 2019 in Molfsee

To Beleven, wat junge Lüüd sik jüst ok dör Theaterspelen entwickeln un in jemehr Persönlichkeit wassen, is en grote Glück. Mien egen Erfohrung, dat ik as junge Minsch al de Möglichkeit harr Theater to spelen un ik dor so veel  för mi lehrt heff, erfüllt mi mit Dankborkeit. Düsse Övertügen dreeg ik natüürlich ok mit in unse Verbandsarbeit, in de de Förderung vun Jugendarbeit en vun unse Swoorpunkte is. Nich toletzt is dat för de Bühnen ok existenziell, dat Spelers nawassen. Opto is dat Instuderen vun plattdüütsche Texte en ideale Gelegeheit aktive Spraakkompetenz (wieder) to entwickeln.
An enige vun unse Mitgliedsbühnen gifft dat al egen Jugendsparten, annern beden Projekte för junge Lüüd an un welken wüllt mit de Jugendarbeit nieg anfangen. In düsse Konstellation könen wi uns bestens ünnerenanner stütten. De Bühnenbund kümmert sik dor um, dat dat Gelegenheiten to’n Ankieken, Uttuuschen un Fortbillen to plattdüütsche Kinner- un Jugendtheater gifft. Opto stütt he de Jugendarbeit an de enkelten Bühnen ok finanziell, wenn dat mööglich is.

Was wünschen Sie sich im Allgemeinen für das niederdeutsche Jugendtheater?

Ik wünsch mi Wahrnehmung – ut duppelte Sicht: Dat de dullen Anbotten plattdüütsche Theater to spelen vun Kinner un junge Lüüd utprobeert warrn un dat sik Tokiekers, junge un öllere, för düsse Produkschonen interesseren un Vörstellungen besöken. Dorför maken -ok junge- Lüüd Theater, dat se vun de Bühne ut Minschen faatkriegen, mitnehmen, beröhren un dat vun’t  Publikum spegelt kriegen. Dat dor en ganzen Barg aktive un passive Plattkompetenz bi entwickelt warrt is nevenbi en perfekte Neveneffekt – eenfach so, so eenfach!

Zum Weiterlesen: „Junge Lüüd ut Löwenstedt“ – zu Gast in Nordfriesland, Interview mit dem Jugendbeauftragten Steffen Ketelsen

Quellen Fotos:
Preetzer Jugendbühne (Beitragsbild): Karsten Biermann
Porträt Gesa Retzlaff: privat

Junge Lüüd ut Löwenstedt: Rolf Andresen
Kulturbanausen: Bernd Viertel