Niederdeutsch in der Pflege – ein Erfahrungsbericht

Im Dezember 2020 haben der Bundesraat för Nedderdüütsch (BfN) und das Länderzentrum für Niederdeutsch (LZN) zum ersten Mal das PlattHart verliehen. Mit dem Pflegesiegel können sich Einrichtungen auszeichnen lassen, die das Niederdeutsche als festen Bestandteil im Unternehmens-/Pflegeleitbild verankert haben. Außerdem ist Voraussetzung, dass Plattdeutsch im Alltag der Pflegeeinrichtung eingebunden wird. Es müssen immersive pflegerische und betreuerische und ggf. seelsorgerische Angebote in plattdeutscher Sprache stattfinden. Der Pflegedienst Pflege up Land in Lorup, Niedersachsen, ist eine der beiden Einrichtungen, die am 4. Dezember 2020 mit dem PlattHart ausgezeichnet wurden. Daniela Schmits, die Inhaberin und Pflegedienstleitung berichtet von Ihren Erfahrungen.

Über einen Zeitungsartikel haben wir über die Förderung der plattdeutschen Sprache in der Pflege erfahren. Da viele Menschen in der Region Plattdeutsch verstehen und mit der Sprache aufgewachsen sind, haben wir überlegt, wie man einfach und effektiv die plattdeutsche Sprache weiter in dem Berufsalltag integrieren kann.
Als ersten Schritt haben wir Ansteckbuttons mit der Aufschrift „Wi protet platt“ gedruckt. Jeder Mitarbeiter trägt seitdem diesen Button täglich an seiner Arbeitskleidung. Weiterhin haben wir viele Dokumentationsblätter ins Plattdeutsche übersetzt, wie z.B. den Biografiebogen, das Erstgesprächsprotokoll usw. Diese Dokumentationsblätter werden sehr gut von unseren Klienten angenommen und sie freuen sich darüber, dass ihre Muttersprache auch in schriftlicher Form bei uns Anwendung findet.
Für unsere Mitarbeiter haben wir zur weiteren Übung der plattdeutschen Sprache das Dienstbesprechungsprotokoll und den Bewertungsbogen der Weiterbildungsveranstaltung ins Plattdeutsche übertragen. Bei jeder Dienstbesprechung und Fortbildung versuchen wir die plattdeutsche Sprache für alle zu integrieren. Interessant wird es dann, wenn wirklich alle versuchen Plattdeutsch zu sprechen. Auch diejenigen, die es bis jetzt nur verstehen werden mutig und probieren sich aus. Diese Maßnahme findet bei allen Arbeitskolleginnen großen Anklang und es kommt so zu einem Austausch zwischen denen, die Plattdeutsch sprechen können und denen, die es noch lernen, bzw. weiter fördern wollen. Unser Pflegeleitbild haben wir durch Thekla Brinker aus Rastdorf sinngemäß ins Plattdeutsche übersetzen lassen. Auch haben wir das Plattdeutsche auf unserer Homepage integriert. Im Pflegedienst wurde eine plattdeutsche Lese- und Lernecke eingerichtet. Hier sammeln wir plattdeutsche Bücher aus unserer Region, eine Liste, mit alltäglichen plattdeutschen Begriffen und weitere Broschüren.
Zwei Mitarbeiter, die die plattdeutsche Sprache auch jeden Tag im Privaten sprechen wurden unsere „Plattdeutschbeauftragten“. Für beide wurde eine Stellenbeschreibung „Plattdeutschbeauftragte in der Pflege“ erstellt. Ihnen liegt die plattdeutsche Sprache sehr am Herzen und das tragen sie auch täglich nach außen. Sie sind Ansprechpartner für die Arbeitskollegen und die Klienten. Hierdurch sind auch alle anderen motiviert, tagtäglich die plattdeutsche Sprache zu nutzen. Das Interesse diese Sprache stets zu fördern steigt kontinuierlich an.
Auffallend ist, das Plattdeutsch sprechen ein absoluter Türöffner bei der älteren Generation ist. Es kommt nicht darauf an, es richtig auszusprechen, wichtig ist, dass man es versucht. Und wenn dann auch mal etwas falsch ausgesprochen wird, huscht häufig ein Lächeln über das Gesicht des Gegenübers. Es wird schnell gefragt, „war kummst du denn her?“ „Ja dat kann man hören.“ Sobald die Klienten merken, dass sie auch auf „Platt“ verstanden werden, wird vieles leichter.

Wir freuen uns, als erster Pflegedienst Teil einer großartigen Bildungsförderung zu sein und wünschen allen Interessierten viel Spaß! Traut jau.

Pflegeeinrichtungen können sich jederzeit für eine Auszeichnung mit dem PlattHart bewerben. Weitere Informationen sowie den Kriterienkatalog stehen auf der Seite des Länderzentrums für Niederdeutsch zur Verfügung.

Hier finden Sie die Schritte, die im Pflegedienst Pflege up Land umgesetzt wurden, im Überblick.

  • Ansteckbuttons mit „Wi protet platt“
  • Dokumentationsblätter ins Plattdeutsche übersetzt
  • Dienstbesprechungsprotokoll übersetzt
  • Bewertungsbogen der Weiterbildungsveranstaltung ins Plattdeutsche übersetzt
  • Pflegeleitbild übersetzt
  • Plattdeutsch auf der Homepage integriert
  • Plattdeutsche Lese- und Lernecke (Bücher, Listen mit alltäglichen Begriffen, Broschüren)
  • Plattdeutschbeauftragte eingesetzt