Die Sprachencharta und ihre Umsetzung im Bildungsbereich

Die Sprachencharta verlangt ein entschlossenes Vorgehen zur Förderung der Regional- oder Minderheitensprachen. Das Ministerkomitee des Europarats empfiehlt, das Niederdeutsche zu einem regulären Schulfach zu erheben, das als fester Bestandteil des Lehrplans in den Ländern unterrichtet wird, in denen Teil III der Charta auf diese Sprachen angewendet wird. Hierfür gilt es aus Sicht des Europarats die Gesetzesgrundlage zu schaffen, dass der Niederdeutschunterricht im Lehrplan verankert ist. Dazu muss ein didaktisches Konzept vorliegen und die Kontinuität des Unterrichts auf allen Bildungsstufen muss gegeben sein. Die Ausbildung einer ausreichenden Anzahl von Lehrkräften spielt ebenso wie die Verfügbarkeit von Lehrmitteln eine essenzielle Rolle. Zur Überprüfung der Umsetzung der Verpflichtungen, die sich aus der Sprachencharta ergeben, ist nach Auffassung des Europarats ein Aufsichtsorgan notwendig. In den einzelnen Bundesländern gibt es eigene rechtliche Grundlagen für die Verankerung von Niederdeutsch im Unterricht und es finden unterschiedliche Konzepte Anwendung, wie dies umzusetzen ist. Fast durchgängig lässt sich feststellen, dass Niederdeutsch im Rahmen des Deutschunterrichts verankert ist.

Im Jahr 2010 hat Hamburg als erstes Bundesland das Schulfach Niederdeutsch im Wahlpflichtbereich eingeführt. Zum ersten Mal gab es damit verbindliche Bildungspläne für das Unterrichtsfach Niederdeutsch. Der Unterricht ist auf Spracherwerb ausgerichtet, es findet ein systematischer Ausbau der sprachlichen Mitteln im Sinne eine Spiral-Curriculums Anwendung. Seit 2014 gibt es auch in der Sekundarstufe I das Wahlpflichtfach Niederdeutsch. Die Bildungspläne sowie weitere Informationen sind auf dem Hamburger Bildungsserver zu finden.

In Schleswig-Holstein ist mit dem Schuljahr 2014/15 ein Modellprojekt gestartet: Niederdeutsch wurde als freiwilliges Angebot in der Stundentafel integriert. An dem Projekt sind im Schuljahr 2020/2021 33 Grundschulen im ganzen Land beteiligt. Seit dem Schuljahr 2017/18 sind auch weiterführende Schulen an dem Modellprojekt beteiligt: Aktuell bieten 9 Modellschulen mit Sekundarstufe I ein freiwilliges Niederdeutsch-Angebot. Für Schleswig-Holstein wurde der Leitfaden für den Niederdeutschunterricht erarbeitet. 2017 wurde eine Evaluation des Modellprojekts durchgeführt. Weitere Informationen zum Niederdeutschangebot an Schulen in Schleswig-Holstein finden sich auf dem Landesportal Schleswig-Holstein sowie auf dem Fachportal Niederdeutsch.

In Bremen gibt es seit 2014 fünf Profilschulen Niederdeutsch, die ein curricular aufgebautes Sprachangebot anbieten sollen. Ein Lehrplan liegt nicht vor. Die praktische Umsetzung an den einzelnen Schulen ist sehr unterschiedlich.

Mecklenburg-Vorpommern hat mit dem 2016 veröffentlichten Landesprogramm „Meine Heimat – mein modernes Mecklenburg-Vorpommern“ Niederdeutsch als freiwilliges reguläres Schulfach an weiterführendes Schulen eingerichtet. Aktuell wird es an 6 Profilschulen mit dem Schwerpunkt Niederdeutsch angeboten. An diesen Schulen kann Niederdeutsch als mündliches und schriftliches Prüfungsfach im Abitur belegt werden. Weitere Informationen sind auf dem Bildungsserver Mecklenburg-Vorpommern zu finden.

Niedersachsen ist das einzige Land, das die Sprachencharta nach Teil III gezeichnet hat und trotzdem keine konkreten Charta-Verpflichtungen im Bereich Bildung übernommen hat. Der Erlass „Die Region und die Sprachen Niederdeutsch und Saterfriesisch im Unterricht“ ermöglicht Fachunterricht als Immersionsunterricht auf Niederdeutsch durchzuführen. Eine Tendenz hin zur Verankerung von Niederdeutsch in den Bildungssystemen zeichnet sich durch einen Entschließungsantrag ab.

In Nordrhein-Westfalen führt das Centrum für Niederdeutsch der Universität Münster aktuell das Projekt „Niederdeutsch an Schulen in Münster und im Münsterland“ durch. Die geplante Laufzeit des Projektes ist vom 01.11.2019 bis 31.12.2022.

In Brandenburg und Sachsen-Anhalt wird Niederdeutsch in Form von Arbeitsgemeinschaften angeboten.