Junge Lüüd in Berlin: ein politisch-kultureller Abend

Mehr als 130 Interessierte – insbesondere junge Vertreter*innen der dänischen Minderheit aus Schleswig-Holstein, der deutschen Sinti und Roma, der Nord-, Sater- und Westfriesen, der Nieder- und Obersorben sowie der niederdeutschen Sprechergruppe nahmen an dem politisch-kulturellen Abend am 4. November 2019 in der Landesvertretung von Schleswig-Holstein beim Bund teil. Die jungen Lüüd standen im Fokus dieser gemeinsamen Veranstaltung des Niederdeutschsekretariats und des Minderheitensekretariats. Jugendliche aus allen Gruppen stellten Projekte vor, in denen sie sich mit ihrer Kultur und Sprache auseinandersetzen.

Dr. Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, appellierte in seinem Grußwort an die jungen Vertreter*innen aller Gruppen: „Nutzen Sie diese Chance, Ihre und unsere Zukunft mitzugestalten!“ Er stellte die Bedeutung der eigenen Sprache heraus: „Die eigene Minderheiten- und Regionalsprache zu sprechen vermittelt ein Heimatgefühl – dies auch in der Öffentlichkeit zu tun, sendet gerade in der heutigen Zeit ein wichtiges Signal. So trägt es dazu bei, dass wir eine offene Gesellschaft bleiben – eine Gesellschaft, die sich sowohl durch Zusammenhalt aber eben auch durch Vielfalt auszeichnet.“

Um Politik für nationale Minderheiten und die Regionalsprache Niederdeutsch insbesondere für Jugendliche ging es in dem Gespräch mit dem Schleswig-Holsteinischen Landtagspräsidenten Klaus Schlie und dem Minderheitenbeauftragten von Schleswig-Holstein Johannes Callsen. Beide setzen sich dafür ein, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass junge Menschen die Sprachen erlernen sowie dafür, dass attraktive kulturelle Angebote entstehen können.

„Sprechen Sie selbst eine Sprache der nationalen Minderheiten oder Plattdeutsch? Verwenden Sie die Sprache im Rahmen Ihrer Tätigkeit?“ – „Wie setzen Sie sich für die nationalen Minderheiten ein? Was tun Sie dafür, dass Plattdeutsch in den Medien präsenter wird?“ Beim Speed-Dating hatten die jungen Erwachsenen die Gelegenheit, mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages ins Gespräch zu kommen und über ihre Wünsche und Anliegen zu diskutieren, um die Regional- und Minderheitensprachen lebendig zu halten.

Wie gut Jugendliche und junge Erwachsene die Chance nutzen, die Zukunft ihrer Minderheit bzw. Sprechergruppe mitzugestalten, verdeutlichten die Projekte, die sie vorstellten. Dass das Thema Digitalisierung für Jugendliche im Zusammenhang mit Regional- und Minderheitensprachen von großer Bedeutung ist, zeigte ein junger Lausitzer Sorbe sehr eindrucksvoll: Er stellte die selbstentwickelte App QUIZSERB vor, das erste digitale Quiz in obersorbischer Sprache, das auf kreative Weise einen Zugang zur sorbischen Kultur und Sprache bietet. Großen Anklang fand das grenzüberschreitende Projekt der Schüler- und Kulturbotschafter der dänischen Minderheit, das die Kenntnisse über die Minderheiten in der deutsch-dänischen Grenzregion verbessern soll. Zwei junge Botschafter berichteten lebendig von ihren Erfahrungen, wenn sie in Schulen über ihre Minderheit erzählen und aufklären. Im Rahmen von „Jugend verkloort Platt“, einem Projekt, das vom Länderzentrum für Niederdeutsch durchgeführt wird, erarbeiten Schüler*innen und Studierende eigenständig niederdeutsche Themen, aus denen professionelle Info-Grafiken erstellt werden. So wird unter anderem die Europäische Sprachencharta visuell erklärt. Auch die Ostfriesische Teekultur, die seit 2016 als Immaterielles Kulturerbe in Deutschland anerkannt ist, fand sich im Programm wieder. Welche Bedeutung hat der Brauch als Teil der ostfriesischen Kultur für junge Menschen? Das wurde natürlich beim gemeinsamen Teetrinken diskutiert. Die Sängerin und Autorin Dotschy Reinhardt sang Lieder in Romanes. Sie setzt sich dafür ein, dass die Sprache der Sinti und Roma als größtes Kulturgut der Minderheit weiterbesteht. Den Abschluss bildete ein plattdeutscher Poetry-Slam-Beitrag. Dieses Format eignet sich sowohl, um Jugendliche an die Sprache heranzuführen und ist auch eine Möglichkeit für junge Menschen sich in ihrer Sprache künstlerisch und spielerisch ausdrücken zu können.

Der politisch-kulturelle Abend zeigte sowohl die Vielfalt als auch den Zusammenhalt der Minderheiten und der Sprechergruppe Niederdeutsch untereinander. Deutlich wurde dies auch durch die gemeinsame Moderation von Christiane Ehlers, der Leiterin des Niederdeutschsekretariats und Wienke Reimer, einer jungen Südschleswigerin. Der Abend bot Gelegenheit für Austausch und Vernetzung. Die Jugendlichen reisten mit vielen neuen Ideen ab und äußerten den Wunsch nach weiteren Treffen mit Jugendlichen der anderen Gruppen.
Die Veranstaltung wurde mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert.

Grußwort des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten (PDF)

Foto oben: Minderheitensekretariat

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Fotos: Niederdeutschsekretariat und Minderheitensekretariat